Der Frühlingsbeginn ist je nach Definition verschieden: Es gibt den am 20. März erfolgenden astronomischen bzw. kalendarischen Frühling, den immer am 1. März beginnenden meteorologischen Frühling sowie den von der Entwicklung der Pflanzen abhängigen phänologischen Frühling. Welcher der drei Frühlingsanfänge ist jetzt aber der richtige?
Die in der Überschrift zum Blog gestellte Frage, ob schon Frühling ist, kann verschieden beantwortet werden. Mit Nein, wenn man auf den Kalender schaut, der kalendarische bzw. astronomische Frühlingsanfang ist erst am 20. März. Mit ja dagegen bei uns Meteorologen, der meteorologische Frühlingsbeginn ist immer am 1. März. Mit ja zudem auch mit Blick auf den Entwicklungsstand der Vegetation (sog. phänologischer Frühling beginnend mit der schon lange erfolgten Blüte der Hasel). Nachfolgend nähere Infos zu den einzelnen Frühlingsanfängen.
Astronomischer bzw. kalendarischer Frühlingsanfang: 20. März
Für die meisten beginnt der Frühling dann, wenn der Kalender dies zeigt. Der kalendarische Frühlingsanfang ist dabei über den Sonnenstand definiert. Da die Erde zur Sonne geneigt ist (etwa 23.45°), bewegt sich der Punkt, an dem die Sonne mittags senkrecht auf die Erde scheint, im Laufe des Jahres durch die Umrundung der Erde um die Sonne von Süden nach Norden und umgekehrt. Zum astronomischen Frühlingsbeginn steht die Sonne dabei senkrecht über dem Äquator und kehrt danach auf unsere Hälfte der Erdkugel zurück. Man bezeichnet diesen Tag auch als Tagundnachtgleiche beziehungsweise Äquinoktium. Auch zum Herbstbeginn steht die Sonne senkrecht über dem Äquator, man spricht dann vom Herbst-Äquinoktium. Nach dem Frühlings-Äquinoktium verläuft die Sonnenbahn wieder nördlich des Himmelsäquators, die Nordhalbkugel der Erde neigt sich immer mehr der Sonne entgegen (siehe Abb. 1).
Abb. 1: Sonnenstand und Jahreszeiten; Quelle: MeteoNews
Das genaue Datum der Tagundnachtgleiche verschiebt sich dabei ständig, weil die Umlaufzeit der Erde um die Sonne ein paar Stunden länger ist als 365 Tage. Schaltjahre alle vier Jahre fangen das wieder auf, aber eine gewisse Ungenauigkeit bleibt. So fällt der kalendarische Frühlingsanfang entweder auf den 19., 20. oder 21. März, dieses Jahr ist er am 20. März exakt um 04:06 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Der Frühling dauert bis zum 21. Juni um 22:50 Uhr, die Sonne steht dann senkrecht über dem nördlichen Wendekreis (Sommersonnenwende).
Der kalendarische Frühlingsbeginn bestimmt übrigens auch den Ostertermin: Ostersonntag ist immer am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im kalendarischen Frühling. Der erste Vollmond des kalendarischen Frühlings ist dabei heuer am Montag 25. März, der Ostersonntag deshalb am 31. März.
Meteorologischer Frühlingsbeginn: 1. März
Aus Gründen der Einfachheit und Vergleichbarkeit wurde der meteorologische Frühlingsbeginn vor dem Computerzeitalter im 20. Jahrhundert auf den 1. März festgelegt, da sich ganze Monate statistisch besser auswerten lassen. Grundsätzlich braucht es zur Vergleichbarkeit der Wetterdaten fixe Zeiträume, die mit den kalendarischen Jahreszeiten nicht gegeben sind. So dauert jede meteorologische Jahreszeit exakt drei Monate, der meteorologische Frühling also bis zum 31. Mai. Betrachtet man den Wetterablauf, so widerspiegeln die meteorologischen Jahreszeiten die klimatische Situation der Jahreszeiten aber oft besser als die astronomischen.
Phänologischer Frühlingsbeginn: Vorfrühling heuer ab Ende Januar
Dies ist der Frühlingsbeginn der Natur. In der Phänologie werden dabei die im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen betrachtet und in Phasen eingeteilt. Dazu werden die Eintrittszeiten charakteristischer Wachstumsstufen typischer Pflanzen (sog. phänologischer Zeigerpflanzen) beobachtet und in einem phänologischen Kalender festgehalten. Dazu gehören zum Beispiel der Beginn der Blüte oder der Blattentfaltung, die Reifung der Früchte oder die Blattverfärbung und der Blattfall. Der phänologische Kalender unterteilt das Jahr in insgesamt 10 Jahreszeiten (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Phänologischer Kalender der Schweiz mit total 10 Jahreszeiten; Quelle: MeteoNews
Nach dieser Definition kann der Frühling in drei Phasen unterteilt werden: Vor-, Erst- und Vollfrühling. Als Leitphase für den Vorfrühling dient dabei unter anderem der Blühbeginn der Hasel, für den Erstfrühling der Blühbeginn der Forsythie und für den Vollfrühling der Blühbeginn der Apfelbäume. Langfristig betrachtet beginnt der Vorfrühling in der Nordschweiz durchschnittlich um Mitte Februar, der Erstfrühling gegen Ende März und der Vollfrühling etwa Ende April/Anfang Mai.
Der Beginn der Haselblüte und damit des Vorfrühlings war in diesem Jahr im Flachland und in den tiefen Alpentälern sehr früh und vielerorts schon in der zweiten Januarhälfte (vgl. Abb. 3). Damit hat gemäss Definition der Frühling in der Natur schon praktisch mitten im kalendarischen bzw. meteorologischen Winter begonnen! Grund für die sehr frühe Haselblüte war dabei das überdurchschnittlich milde Wetter in der zweiten Januarhälfte.
Abb. 3: Blühender Haselstrauch Ende Januar im Sarganserland; Quelle: Foto: Roger Perret
Durch den rekordmilden Februar schritt die Vegetationsentwicklung rasch weiter voran, momentan blühen in einigen Regionen bereits auch die Forsythien, deren Blüte den Erstfrühling anzeigen (vgl. Abb. 4). Normalerweise beginnen die Forsythien erst gegen Ende März zu blühen, der Vegetationsvorsprung beträgt damit rund drei Wochen. Dies birgt mancherlei Gefahren, insbesondere könnten Spätfröste Schäden anrichten (vgl. hier).
Abb. 4: Blühende Forsythien aktuell im Sarganserland, der Erstfrühling hat bereits begonnen; Quelle: Foto: Roger Perret
Welcher ist nun der richtige Frühlingsbeginn?
Diese Frage kann man so nicht beantworten, da jede Definition ihre Daseinsberechtigung hat. Der sehr variable phänologische Frühlingsbeginn widerspiegelt aber am besten den tatsächlichen Witterungsverlauf und deckt sich somit sicher am besten mit dem menschlichen Empfinden. Danach ist ja nicht nur gefühlt schon länger Frühling...